Klaus Schulze und Lisa Gerrard - Farscape - Aviva - Berlin Online Magazin und Informationsportal für Frauen aviva-berlin.de Kunst + Kultur



AVIVA-BERLIN.de im November 2024 - Beitrag vom 15.07.2008


Klaus Schulze und Lisa Gerrard - Farscape
Tatjana Zilg

Zwei der wichtigsten Talente der letzten Musik-Jahrzehnte schlossen sich für ein auditives alchemistisches Experiment zusammen. Sie war einst Sängerin bei Dead Can Dance und ist seit der Trennung...




... eine erfolgreiche Solokünstlerin. Er erlangte Weltruhm als früherer Chef-Denker von Tangerine Dream und als kreativer Erfinder der sphärisch elektronischen Musik der Berliner Schule, die sich mehr an dem Epenhaften einer klassischen Oper orientiert als an BPMs oder Lounge-Erfordernissen.

Was passiert, wenn diese zwei Energiefelder aufeinander treffen und ihre musikalischen Eigenschaften ineinander verschmelzen lassen, kann jetzt in sieben Klangbildern erlebt werden. Wie in einem Werk-Zyklus der hohen Künste tragen sie durchgehend den Titel "Liquid Coincidence", numeriert von 1 bis 7, in Längen von zehn bis dreißig Minuten, verteilt auf zwei CDs. Das ist keinesfalls zu lang, denn der Meister der Töne entfaltet die Sound-Kristalle in ungeahnte Möglichkeiten, ohne je störende Dissonanzen in das harmonisch dahinfließende Klangspektrum zu bringen. Dadurch werden die Emotionen der HörerInnen nie in voreiliger Ungeduld aufgewirbelt, sondern sanft aufgespürt, in filigrane Schleier gehüllt, und Nuance für Nuance in tiefere Innenschichten entführt.

Die Dunkelfee des Gesangs formt zu diesen Kompositionen perfekt korrespondierende Stimmgestalten, durchdringend schön, bizarr sanft, furchteinflössend archaisch, und mit einem einzigartig melancholisch-zärtlichen Timbre. In einer Sprache, die nicht existiert, denn Lisa Gerrard lässt sie aus sich herausströmen wie aus den Urgründen der menschlichen Seele. Fantasy-Fans werden sie als Elfisch bezeichnen, doch eigentlich ist auch dieser Begriff zu eng gefasst für dieses Ton-Universum, das jenseits von Babylon sein ganz eigenes Bedeutungsfeld generiert.

"Ich wollte schon seit ihrer Dead Can Dance-Zeit in den 80ern mit Lisa arbeiten, das hat sich aber nie ergeben. Die kriegst du ja nicht so einfach ans Telefon. Doch mein aktueller Manager hat das innerhalb von drei Wochen hinbekommen. Eines Tages rief mich Lisa an, wir haben lange geredet und als ich auflegte, war alles abgemacht" erzählt Klaus Schulze zur Entstehung des Projektes.

Im November 2007 reiste Lisa Gerrard in die Lüneburger Heide, wo Klaus Schulze seit über dreißig Jahren in einem Haus mit integriertem Tonstudio lebt und arbeitet.
Sechs Tage hatten die Beiden für ihre Zusammenarbeit eingeplant, "doch am ersten Tag haben wir gar nichts mit Musik gemacht, sind am Abend nur essen gegangen. Ich hatte bereits die Kompositionen vorbereitet gehabt, und am zweiten Tag haben wir ab Vormittags rund fünf Stunden Material aufgenommen, quasi am Stück. Daraus wurde "Farscape I" – so etwas Mitreißendes habe ich in meiner langen Künstlerlaufbahn noch nicht erlebt. Am nächsten Tag lief es ähnlich intensiv. Aus dieser Session wurde "Farscape II" für mich genauso eine grandiose, packende Erfahrung mit einer Ausnahmekünstlerin."

Die Australierin war 2007 mit der Veröffentlichung ihres ersten Soloalbums "The silver tree" nach zehnjähriger Pause wieder deutlicher auf dem Musikmarkt in Erscheinung getreten. In der Zeit zuvor war sie keineswegs kreativ untätig, sondern machte sich mit Beiträgen für "Gladiator", "Ali" und "Whale Rider" einen angesehenen Namen als Soundtrack-Komponistin.

Klaus Schulze und Lisa Gerrard im Netz: www.lisagerrard.com und www.klaus-schulze.com

Weiterhören: Dead Can Dance und Tangerine Dream.

AVIVA-Tipp: Wer nach neuen Horizonten sucht, die weitab von Pop oder Klassik einen ganz eigenen Raum einnehmen, und sich hineinversenken möchte in eine sphärische Klangwelt, die das Spektrum einer Wagner-Oper gekonnt überholt, den individuellen Erfahrungsraum weit öffnet und auf bisher unerforschte Sinnes-Planeten verlegt, liegt mit dem Erwerb dieses Doppelalbums goldrichtig. Die Tongestalten der beiden Best Age Persönlichkeiten verteilen sich in den fünf Sinnen wie prickelndes Salz auf der Haut – anregend, euphorisch, Sehnsüchte und Leidenschaften hervorzaubernd.

Klaus Schulze und Lisa Gerrard
Farscape

Label: Synthetic Symphony, erschienen Juli 2008



Kunst + Kultur

Beitrag vom 15.07.2008

AVIVA-Redaktion